Im heute und hier. Heute: November 2013. Hier: Planet Erde.
Zwangspause auf dem Weg nach Hause. Warten auf die Bahn.
Zwei sich fremde Menschen stehen an einer Haltestelle. Allein.
Die Bahn kommt nicht, weitere Menschen kommen und gehen wieder.
Sie steht in Musik wartend mit den Einkaufsgedanken, Abendessen. Umwege mit Öffnungszeiten in Planung.
Die Zeit läuft, hin zu einer Umplanung, es ist kalt und dunkel, die Bahn kommt nicht.
In die Musik spricht er ein: „In der App steht: es fallen Bahnen aus.“
Sie sieht ihn flüchtig an, in Gedanken beim geplanten Einkauf.
„Ah, danke für die Information.“ sagt sie mit einem Lächeln und Überlegungen zur kürzesten Strecke um die Öffnungszeit noch zu halten.
Doch er bleibt mit seinem Koffer vor ihr stehen, dieses „ich bin noch hier“ Verharren mit durchdringendem Blick.
Sie sieht ihn an, ein Geschäftsmann im Anzug, offensichtlich auch auf dem Weg nach Hause, oder zu einem Hotel. Die Musik läuft weiter.
„Es wird keine Bahn kommen.“ sagt er mit bestimmenden Blick, so als wären die vergangenen Sekunden zwischen seiner Information und ihrem Nichtaufbruch eine Ewigkeit.
Sie sieht, dass er nicht gehen wird, solange sie stehen bleibt, so als ginge es darum den Bahnsteig zu räumen.
Mit einem „war da noch was?“ Gefühl nimmt sie die Ohrstöpsel raus und sieht ihn an.
„Es ist unglaublich!, an einer Haltestelle, wo nur eine Bahn fährt, die man nehmen kann, keine elektronische Hinweisanzeige aufzustellen!“ sagt er in ruhigem Ton und sieht sie an.
„Ja, das ist unpraktisch, aber an einigen Haltestellen so.“ , sagt sie, etwas weniger flüchtig als vorher.
„Ich meine: es ist egal, wenn ich wo stehe, wo zig Bahnen fahren, die ich nehmen kann, dann interessiert mich das nicht. Ich steige einfach in irgendeine, es kommen ja immer wieder welche. Aber wo es nur eine gibt?!“ spricht er weiter, noch immer in einem sehr ruhigen Ton, als sie ihn nur verständnisvoll ansieht, ergänzt er: „Es wird keine Bahn kommen. Wohin wollen sie?“
Sie fühlt sich überrumpelt. Sie ist ortskundig und dieser fremde Mann mit dem Koffer an der Hand erzeugt trotzdem in ihr das Gefühl man wäre zusammen in einer fremden Welt.
Zögernd benennt sie grob ihre Zielrichtung. Er gibt ihr eine genaue Wegbeschreibung samt Angabe der Bahnliniennummer, die sie sinnvoller Weise nutzen sollte. Zwei Ortskundige an einer Haltestelle ohne Bahn zum Ziel in der Planung des Umweges.
Eher ausweichend spricht sie von dem Einkauf, der unterwegs noch stattfinden wird. Er blickt sie mit einem „Ah, ok. Dann starten sie jetzt mal in die Richtung, die ich empfohlen habe.“ Blick klar und durchdringend an.
Noch immer eher unentschlossen mit einem Blick zu dem Nichts der Bahn setzt sie sich in Bewegung. Verabschiedung, er nimmt eine andere Richtung.
Sein Blick geistert durch ihre Gedanken, zwischen Einkaufsplanung, Bewegung und Zeitablauf. >Er kann mit dem Internet weiterreisen< , denkt sie, als sie auf ihr Handy sieht, noch gut im Timing.
Zwischen der grade verlassenen und der nächsten noch nicht erreichten Haltestelle hört sie die Bahn anrollen. Sie sieht der Bahn mit einem „darum ging es in dem Gespräch wohl nicht“ Gefühl hinterher.